Magie: ein Definitionsversuch
Magie spielt in den meisten Traditionen des Neuheidentums als Teil der religiösen Praxis eine große Rolle. Konkrete Definitionen sind aber nur schwer möglich, da der Magiebegriff sehr unterschiedlich verwendet wird. In einem sind sich Heiden einig: nicht gemeint sind Bühnenmagie, Zaubertricks oder die Darstellungen aus Filmen und Büchern. Um sich davon abzugrenzen, verwendet Aleister Crowley, einer der bekanntesten Magier des 20. Jahrhunderts, das Wort “Magick”. Crowley steht eher in der Tradition von Geheimgesellschaften wie den Freimaurern oder Rosenkreuzern und der Zeremonialmagie. Einige Elemente dieser Form der Magie finden sich in neuheidnischen Ritualen wieder, meistens aber in einem anderen Kontext.
Eine mögliche Definition von Magie lautet: Magie ist die Kunst, durch übernatürliche Kräfte oder Wesenheiten Menschen oder Dinge zu beeinflussen. Crowley drückte es so aus: „Die Kunst und Wissenschaft*, die Welt in Übereinstimmung mit dem Willen zu formen.“ Die Grundannahme der Magie ist, dass es einem Menschen möglich ist, seine Umwelt mit indirekten Handlungen in Form von Ritualen zu beeinflussen. Diese Beeinflussung kann auf der Manipulation von den vorhandenen Gesetzmäßigkeiten und Energien des Universums beruhen, oder durch Wesenheiten wie Götter, Engel, Dämonen oder Naturgeister.
Eine weiteres zentrales Merkmal der Magie ist ihre Intention oder Zielsetzung. Dies spiegelt sich teilweise in den Bezeichnungen “niedere” und “höhere” Magie wieder. Niedere Magie könnte man auch als Erfolgsmagie bezeichnen. Sie ist darauf ausgelegt, den persönlichen Willen des Magiers zu erfüllen und dient in erster Linie seinem persönlichen Erfolg. Darunter fallen Geldmagie, Liebesmagie oder auch Divination. In der Wissenschaft fallen unter diesen Begriff beispielsweise auch folklorische Traditionen wie das Hufeisen über der Tür oder das Abbeten von Warzen. Höhere Magie wird eher in einem mystisch-religiösen Kontext gesehen und ist eine Art Mysterienspiel. Die Rituale dienen als eine Art Gottesdienst, wobei die Ritualteilnehmer tatsächlich Gottheiten verkörpern. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Hieros Gamos, die Heilige Hochzeit, die unter anderem im Wicca praktiziert wird. Tatsächlich existieren aber auch viele Mischformen von “niederer” und “höherer” Magie.
Allgemein betrachtet ist auch die Abgrenzung von Magie und Religion interessant. Mehr dazu findet ihr in den Artikeln über Priester und Magier. Prinzipiell wird Magie eher als eine individuelle, nutzenbringende Praxis betrachtet, die mehr oder weniger unabhängig von religiösen Kontexten funktioniert. Der Magier bedient sich der Gesetze des Universums, um seinen Willen (oder den seiner Kunden) zu erfüllen. Im Neuheidentum hat es sich aber eingebürgert, alle religiösen Rituale als “Magie” zu bezeichnen, sodass die Unterscheidung von Magie und Religion nicht mehr greift.
*Crowley meint damit nicht die klassische, universitäre Forschung, sondern eine Methode, die auf Rationalität und Empirie, d.h. nachprüfbaren und wiederholbaren Ergebnissen von Versuchen basiert - ohne dabei den tatsächlichen Ansprüchen eines (natur)wissenschaftlichen Weltbilds zu entsprechen
©kb