Die Anfänge von Wicca
Die Ethik der Wicca ist in den 50er Jahren in England entstanden. Das erste Mal wurde das Wort “Wica” als Bezeichnung für eine Religion im Jahr 1954 von Gerald B. Garder benutzt. Die Geschichte von Wicca reicht aber ein wenig weiter in die Vergangenheit und besteht aus einigen Einflüssen, die Gardner zu dem zusammengefügt hat, was heute als British Traditional Wicca oder Gardnerian Wicca bekannt ist.
Ideen aus der Romantik
In manchen literarischen Strömungen wurde das antike Heidentum idealistisch dargestellt als eine Religion, in der Mensch und Natur friedlich zusammenlebten und als eine Hochphase der Philosophie. Das Christentum wurde in diesem Kontext als Fremdeinfluss gesehen, der diese Harmonie zerstörte. Das moderne Heidentum nimmt heute Züge an, die bereits in der Romantik ihre Wurzeln finden: die Bewunderung des antiken Heidentums (hauptsächlich römisch und griechisch, aber auch keltisch und germanisch), eine Nostalgie hinsichtlich der Vergangenheit und der Wunsch nach einer Einheit von Menschen, Natur und Kultur.
Auch die Vorstellung von Gott und Göttin ist stark von der Romantik geprägt. Die Natur wurde bereits bei den Griechen als weiblich angesehen während der Himmel als männlich galt. Die starke Mond-Symbolik, die mit der Göttin verbunden wird ist aber tatsächlich eine moderne Entwicklung. Die drei Aspeke der Göttin als Jungfrau, Mutter und Alte wurden von Robert Graves in seinem Roman “Die weiße Göttin” beschrieben. Ihr Partner wurde in zwei Aspekte geteilt, den Gott des kommenden und den des scheidenden Jahres. Ein anderes populäres Bild zeigt den Gott als den Gehörnten, den Herrn des Waldes ähnlich dem griechischen Gott Pan.
Einflüsse aus dem Okkultismus
Hinsichtlich der Struktur im Wicca erkennt man gewisse Einflüsse von anderen Geheimgesellschaften wie beispielsweise den Freimaurern oder Rosenkreuzern. Bereits im Mittelalter entwickelten sich
in England in den Handwerksgilden regelmäßige Feste, spezielle Roben und Initiationsrituale für den Eintritt in eine Gilde. Zudem spielte Geheimhaltung dieser jeweiligen Inhalte eine große Rolle.
Gerade in traditionellen Coven lassen sich einige Parallelen zu den Freimaurern ziehen: so sind beispielsweise klare Initiationslinien relevant sowie die strikte Befolgung der vorgegebenen
Rituale. Auch die Symbolik und Ritualgegenstände weist einige Gemeinsamkeiten auf.
Einen weiteren wichtigen Einfluss auf Wicca hatte die Vorstellung von Magie. Dabei wurde zwischen “Hoher” und “Niederer” Magie unterschieden. Hohe Magie entspricht der klassischen Zeremonialmagie und beinhaltet Elemente wie die Beschwörung eines Kreises, das Anrufen der vier Elemente, die Kommunikation mit Geistern, Engeln und/oder Dämonen und die Verwendung von Ritualgegenständen. Diese Vorstellung der Magie lässt sich auch unter dem Begriff Okkultismus zusammenfassen, der im 19. und 20. Jahrhundert im Kreis der britischen Elite Mode war. Die Zeremonialmagie versteht Magie als eine Technik und auch wenn heidnische Gottheiten als Archetypen in Ritualen erwähnt werden, so ist der Kontext dennoch kein religiöser.
Niedere Magie bezeichnet die Form der Magie, die klassischerweise guten Hexen zugeschrieben wird. Dies beinhaltet beispielsweise die Heilung von Krankheiten bei Menschen und Tieren, das Auffinden verlorener oder gestohlener Gegenstände, das Auflösen oder Abwehren von Flüchen und verschiedene Wahrsage-Techniken. Die Fähigkeit, Magie auszuüben, galt üblicherweise als vererbbar. Diese Hexen (männlich und weiblich) praktizierten grundsätzlich alleine und fanden sich nicht wie Zeremonialmagier in Logen oder Gesellschaften zusammen. Außerdem setzten diese Hexen ihre Magie nicht in einen heidnischen Kontext, sondern nutzten für Heilungen eher christliche Gebete.
Die Vorstellung von Magie im heutigen Wicca bedient sich zwar einiger Elemente aus diesen beiden Magieformen, hat sich aber mit der Zeit zu einem eigenständigen Konzept entwickelt. Beispielsweise
wollen Wicca keine Dämonen mit ihren Ritualen beschwören, sondern vielmehr ihre beiden Hauptgottheiten - Gott und Göttin - verehren und sich mit ihnen verbinden.
Vor diesem Hintergrund entstand Wicca und viele Vorstellungen und Einflüsse sind bis heute präsent. Begründer der Tradition ist Gerald Gardner. Er legte die Grundsteine für Glaubensvorstellungen
und Praxis.
Gerald Brousseau Gardner
Gerald Gardner war ein englischer Kolonialbeamter und Okkultist, der Mitglied einer Rosenkreuzerischen Loge war. In dieser Loge lernte er Dorothy Clutterbuck kennen und laut eigenen Angaben wurde
er 1939 von dieser “echten Erbhexe” in einen bereits bestehenden Wicca-Coven, den “New Forest Coven”, initiiert. Außer dem Bezug von Gardner zu Clutterbuck gibt es jedoch keine historischen
Hinweise auf einen tatsächlich bestehenden Coven. Im Allgemeinen wird angenommen, dass Gardner mit dieser Geschichte das moderne Wicca begründete und es keine antike Hexentradition gab, die sich
bis in die Neuzeit gehalten hat. Gardner legitimierte in den Anfängen Wicca damit, dass es eine ungebrochene, versteckte Tradition gab, die ihm Clutterbuck durch die Initiation nun offenbart
hatte. Mittlerweile wird im modernen Wicca die Meinung vertreten, dass die heute praktizierte Religion ein Produkt der Neuzeit ist.
An die Öffentlichkeit trat Gardner mit Wicca allerdings erst Anfang der 50er Jahre, da er zuvor die Grundlagen seiner Tradition in Romanen beschrieb. Dies lag unter anderem daran, dass Hexerei in
England laut Gesetz immer noch verboten war. Mit dem 1954 veröffentlichten Werk “Witchcraft Today” legte Gardner den Grundstein für die moderne Hexenreligion und machte die Informationen des
Covens auch für Außenstehende zugänglich.
Allerdings ist Wicca im traditionellen Sinne eine Mysterienreligion, welche im Gegensatz zu den üblicherweisen bekannten Religionen gar nicht jedem zugänglich sein will. Daher ist die
Zugehörigkeit streng durch Initiationslinien reglementiert. Im Idealfall kann man als British Traditional Wicca (BTW) seine Initiation bis auf Gardner zurückführen.
© ls