Geschichte der Kelten
Wer waren die Kelten? Wie bei den Germanen ist diese Frage nicht pauschal zu beantworten. Die Römer und Griechen bezeichneten viele verschiedene Völker einheitlich als Kelten. Sprachwissenschaftlich gesehen gehören zu den Kelten alle Völker, die auch die keltische Sprache gesprochen haben. Ein weiterer Ansatz sucht die Gemeinsamkeiten in Kunst, Bräuchen und Glaubensvorstellungen. Nach heutigem Wissensstand handelte es sich jedenfalls nicht um eine einheitliche Nation oder ein einzelnes Volk.
Kelten gab es von Großbritannien über Frankreich und Nordspanien bis nach Slowenien. Zeitlich können ab dem sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung erste eindeutig keltische Funde nachgewiesen werden. Auf den britischen Inseln bestand bis zum sechsten Jahrhundert unserer Zeitrechnung eine eigenständige, keltische Zivilisation.
Diese Zivilisation zeichnet sich durch bestimmte Elemente aus: eine von Viehzucht geprägte Lebensform, die bald durch hochentwickelte Landwirtschaft ergänzt wurde, ein einheitliches philosophisches, juristisches, metaphysisches und religiöses System sowie eine einheitliche Sprache. Diese teilte sich später in zwei Zweige auf, das Gälische und das Brittonische.
Unsere heutigen Kenntnisse stammen einerseits aus den Berichten der Griechen und Römer, andererseits aus archäologischen Funden. Eine dritte Quelle sind keltische Sagen. Hier ist allerdings zu beachten, dass die Kelten selbst keine schriftlichen Aufzeichnungen gemacht haben. Diese stammen einerseits von späteren Nachkommen von Druiden oder Barden, andererseits von christlichen Mönchen. Dementsprechend wird darüber diskutiert, inwiefern die keltischen Sagen christlich beeinflusst waren.
Mythische Geschichte Irlands
Es gibt über die Besiedlung Irlands auch eine mythologische Geschichte, die in zwei Phasen verläuft. Sie ist im Lebor Gabá Érenn überliefert. Das Werk ist ungefähr im neunten Jahrhundert unserer Zeitrechnung entstanden. Die erste Einwanderungswelle bestand aus drei Männern und 50 Frauen und wurde von Cessair, der Urfrau angeführt. Alle ertranken aber 40 Tage später bei einer Sintflut.
Nach der Sintflut gab es fünf weitere Eroberungen. Zuerst kam Partholon. Jean Markale interpretiert diese Phase als Neuschöpfung der Menschheit und ordnet sie dem Materialismus zu. Es folgte die zweite Eroberung unter Nemed. Mit ihm erscheint das Sakrale und die Spiritualität. In der dritten Welle kommen die Krieger der Fir Bold. Dann erscheinen die Tuatha de Dannan in Irland. Sie werden als Götter beschrieben und mit ihnen hält auch das Druidentum Einzug. Von den Tuatha wird berichtet, dass die am Tag des Beltaine Festes erstmals irischen Boden betreten haben. Sie brachten vier magische Gegenstände mit sich: den Stein von Fal (Krönungsstein), die flammende Lanze von Lug, das Schwert von Nuada, das nur von seinem Eigentümer gezogen werden kann und den unerschöpflichen Kessel des Dagda. Mit der letzten Eroberungswelle kommen die Söhne von Mile und wir sind in der Gegenwart angelangt.
Moderne Adaptionen
Asterix
Asterix und Obelix sind die Hauptfiguren der erfolgreichsten französischen Comicserie. Die Geschichten spielen im Jahre 50 vor unserer Zeitrechnung in einem kleinen gallischen Dorf und behandeln den Kampf der Gallier gegen die Römer. Der Druide des Dorfes, Miraculix, braut einen Zaubertrank, der den Dorfbewohnern übermenschliche Kräfte verleiht.
Natürlich handelt es sich bei dem Comic um keine authentische Darstellung des Lebens von Festlandkelten. Ein paar Anspielungen sind aber da: Miraculix wird so dargestellt, wie auch antike Historiker Druiden beschrieben haben. Er trägt ein weißes Gewand und hat eine goldene Sichelklinge. Diese nutzt er, um Misteln für den Zaubertrank zu ernten. Es ist tatsächlich überliefert, dass die Mistel für die Kelten eine besondere Rolle gespielt hat. Mehr dazu unter Pflanzenrituale.
Der Zaubertrank wird in einem Kessel gebraut, aus dem das ganze Dorf trinken kann. Dies erinnert an die verschiedenen Kessel der keltischen Mythologie, beispielsweise der Kessel des Dagda, der ein ganzes Volk mit Essen versorgen kann oder der Kessel der Cerridwen, dessen Inhalt Weisheit verleiht.
Auch Obelix’ Hinkelsteinproduktion ist eine Anspielung an die keltische Zivilisation. Früher wurde davon ausgegangen, dass die Kelten die neolithischen Kultplätze wie Stonehenge oder Newgrange genutzt haben. Nach heutigem wissenschaftlichen Stand ist das aber eher unwahrscheinlich. Dagegen spricht zum Beispiel, dass der Eingang zu Newgrange verschüttet war. Außerdem gibt es keine Überlieferungen hinsichtlich der Sonnenfeste (Winter- und Sommersonnenwende sowie die Tagundnachtgleiche), die zumindest teilweise in irgendeiner Form in den neolithischen Denkmälern gekennzeichnet sind.
Das Lieblingsessen der Gallier im Comic ist Wildschwein. Tiere spielen in der keltischen Mythologie eine besondere Rolle. Das Wildschwein kann als eine Art Stammes- oder Krafttier gesehen werden. Das darf aber nicht mit schamanischen Vorstellungen von Krafttieren verwechselt werden. Mehr dazu unter Fluch und Tabu.
Die Nebel von Avalon
Die Nebel von Avalon von Marion Zimmer-Bradley gehört zu den bekanntesten Büchern, die sich mit dem heidnischen Kontext der Artus-Sage befassen. Hauptfigur ist Artus’ Halbschwester Morgaine und es geht um den Untergang Avalons. Die Insel wird als Zentrum der keltischen Religion beschrieben.
Die Autorin nahm für das Buch Kontakt mit keltischen und druidischen neuheidnischen Gruppen auf. Sie selbst leitete eine Weile einen Wicca Coven. Das Buch vereint Kelten- und Hexenromantik mit esoterischen und feministischen Aspekten und begeistert damit nicht nur neuheidnische Leser.
Ein Teil des Romans behandelt die “Große Ehe”. Sie beschreibt ein Ritual, bei dem sich der König mit dem Land (in Gestalt der Priesterin) verbindet. Dieses Motiv ist aus der irisch-keltischen Sagenwelt bekannt. Dort kann nur derjenige König werden, der eine Nacht mit einer auf ersten Blick hässlichen Frau verbringt, die sich in der Regel dann in ein schönes Mädchen verwandelt. Das Ritual des Hieros Gamos ist auch im Wicca gebräuchlich. Hier bezieht es sich auf die Vereinigung von Gott und Göttin in Gestalt des Hohepriesters und der Hohepriesterin.
Druidenorden
Auch heute gibt es Druidenorden. Dabei muss man prinzipiell zwei Richtungen unterscheiden:die humanistische Orde und religiöse Vereinigungen.
Druiden der ersten Sorte sind in der International Grand Lodge of Druidism (IGLD) organisiert. Dieser Dachverband vereinigt Logen in 20 Ländern, die sich der Humanität, der Toleranz und der Menschenrechte verschrieben haben. Sie gehen auf den während der Aufklärung gegründeten Ancient Order of Druids zurück. Der Name soll Wissenschaft, Kunst Weisheit und Naturverbundenheit symbolisieren, hat aber nichts mit den Kelten zu tun.
Die IGLD hat weltweit circa 50.000 Mitglieder. Es gibt sowohl Männer- als auch Frauenlogen, aber keine gemischten Gruppen. Die Logen sind ähnlich des Systems der Freimaurer aufgebaut. Ihre Mitglieder haben nach der Initiation den Grad eines Ovaten (Lehrling) inne. Der zweite Grad heißt Barde (Geselle), der dritte und letzte Druide (Meister). Das Symbol der IGLD ist der siebenstrahlige Druidenstern.
Im Gegensatz zu den Druidenorden streben neuzeitliche Druiden eine Ausübung der Religion der antiken Kelten an. In England wird beispielsweise das Druid Network offiziell als Religion anerkannt. Die BBC gibt an, dass sich insgesamt circa 10 000 Menschen in Großbritannien als Druiden bezeichnen.
Wie authentisch das Ganze gestaltet wird, hängt von Person zu Person bzw. Gruppe zu Gruppe ab. In der Regel werden die keltischen Götter und Heroen verehrt. Viele Druiden nutzen auch schamanistische Methoden. Zwei Mitglieder des Ordens der Barden, Ovates und Druiden, das Ehepaar John und Caitlin Matthews, entwickelten einen speziellen “keltischen Schamanismus”, der keltische Symbolik verwendet.
Ein weiteres wichtiges Element spiritueller Arbeit ist die Artussage. In Anlehnung an die antiken Kelten messen viele Anhänger keltischen Heidentums Bäumen eine hohe Bedeutung bei. Es gibt eine Vielzahl weiterer Praktiken wie Baumhoroskope, Magie oder eine religiöse Verwendung des Oghams. Über die Authentizität der einzelnen Elemente kann teilweise nur spekuliert werden, andere Aspekte wie zum Beispiel das Horoskop sind eindeutig moderne Interpretationen. Darüber hinaus finden sich weitere Einflüsse anderer Religionen und Kulturkreise. Dazu gehören beispielsweise keltisches Reiki oder das Druidenyoga Wyda.
©ks