Rituale

Die Beziehung zwischen den Göttern und Menschen

Wie in allen Religionen gibt es auch im germanischen Heidentum eine Reihe von Ritualen. Manche sind an bestimmte kalendarische Zeiten gebunden (Jahreskreisrituale) oder an bestimmte Ereignisse im Leben (Lebenskreisrituale). Mehr dazu findet sich in Fritz Steinbocks Buch “Das heilige Fest”. Universell durchführbare Rituale (die also nicht zeitlich und räumlich gebunden sind) sind Opferrituale. Diese sollten aber nicht als Bestechung der Götter aufgefasst werden (so nach dem Motto “Ich opfere eine Ziege und einen Liter Met und bekomme dafür einen Job”), sondern als Festigung der Bindung zwischen Göttern und Menschen.

Neugermanischer Altar zum Yule Fest; Bild: Gunnar Creutz
Neugermanischer Altar zum Yule Fest; Bild: Gunnar Creutz

Prinzipiell ist es den meisten Anhängern des germanischen Heidentums ein Anliegen, ihre Religion so authentisch wie möglich zu leben. Das bedeutet für manche, dass auch Rituale historisch möglichst korrekt sein sollten. Das Problem hierbei ist, dass weder die Eddas noch die Sagas sonderlich viele Beschreibungen über die tatsächliche Ausübung der Religion enthalten und auch archäologische Funde nur Vermutungen zulassen. Außerdem sind bestimmte Praktiken wie Tieropfer heute weder zeitgemäß bzw. teilweise gesetzlich auch gar nicht erlaubt. Von Menschenopfern, die es bei den Germanen ebenfalls gab, gar nicht zu sprechen...

 

Der Verein für Germanisches Heidentum zum Beispiel erhebt daher den Anspruch, die Tradition der Germanen in der heutigen Zeit angemessen fortzusetzen. Fritz Steinbock beschreibt das Heidentum nicht als Glaube an Göttern, sondern als eine Verwandtschaftsbeziehung zu ihnen. In diesem Kontext sind Rituale “Heilige Feste”, was auch der Titel seines Buches zu germanischen Ritualen ist.

 

Kernrituale und grundsätzlicher Ablauf

Zu den bekanntesten Ritualen gehören der Sumbel und der Blót. Das Sumbel ist ein Trinkritual, das meist drinnen durchgeführt wird. Dabei wird auf die Götter, Ahnen und Helden bzw. Freunde getrunken. Im Rahmen dieses Rituals werden auch Eide geschworen. Das Blót hingegen wird draußen an einem Feuer anlässlich eines besonderen Anlasses wie beispielsweise eines Feiertages durchgeführt. Der Ort muss umhegt (geschützt) und geweiht werden. Met wird auf den Altar und die Teilnehmer gesprengt und am Ende auf dem Boden gegossen. Zum Abschluss des Rituals gibt es ein Festessen. Manche Quellen behaupten, dass anstatt des Mets ursprünglich das Blut eines Opfertieres verwendet wurde. Dies ist wissenschaftlich nicht belegt und auch innerhalb des germanischen Heidentums lehnen viele diese Auslegung ab.

Frühlings-Blót in Schweden; Bild: Gunnar Creutz
Frühlings-Blót in Schweden; Bild: Gunnar Creutz

Der Leiter eines Rituals wird als godi (die Leiterin als gythja) bezeichnet. Prinzipiell kann jeder diese Position einnehmen, solange er das Ritual mit dem entsprechenden Verantwortungs-bewusstsein durchführen kann. Weitere Ritualanlässe bzw. Formen können Kommunikation mit den Göttern z.B. in Form einer Anrufung oder zum Dank sein, die Weihung von Gegenständen, persönliche Rituale, Runenrituale und Seiðr. Hier wird allgemein großer Wert darauf gelegt, sich an die vorgegebenen Abläufe und Traditionen zu halten. Die freiere Durchführung von Ritualen unter Einbeziehung verschiedener kultureller Einflüsse wie es sie in vielen anderen naturreligiösen Strömungen gibt wird in der Regel abgelehnt.

 

Der Altar wird nach Norden ausgerichtet. Zu den Ritualgegenständen gehören das Trinkhorn, der Thorshammer, Feuerschalen bzw. Kerzen und ein Gefäß mit Erde für das Trankopfer (vor allem für Rituale drinnen benötigt). Fritz Steinbock befolgt folgenden grundlegenden Ablauf für Rituale:

 

1) Haga und Wiha (Einhegung und Weihe des Platzes)

2) Heilazzen (Begrüßung und Einladung der Gottheiten)

3) Reda (einführende Rede)

4) Zunten (Entzündung des rituellen Feuers)

5) Spill und Gibet (Anrufung und Festgebete)

6) Rûnagaldar (Runengesang)

7) Gilt (Opferungen)

8) Bluostrar (Blót)

9) ûzlâz (Dank und Öffnung des Festkreises)   

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