Die Sünde
Die Sünde ist ein Konzept der abrahamitischen Religionen. Der Sündenfall der Menschheit wurde von Eva verschuldet, die Adam die Frucht vom verbotenen Baum anbot und damit die gesamten nachfolgenden Generationen vom Garten Eden, Gottes Frieden und der Unsterblichkeit trennte. Das Menschenbild im Christentum ist damit kein positives. Jeder Mensch ist zunächst durch seine Geburt natürlicherweise schlecht und sündhaft und muss aktiv dagegen ankämpfen. Jeder ist durch die Erbsünde belastet. Gott ist ein Richter, der entscheidet ob die Taten eines Menschen gut oder böse sind, ob er es verdient nach dem Tod in den Himmel aufgenommen zu werden oder der ewigen Verdammnis anheimfällt.
Diese Vorstellung existiert im Neuheidentum so nicht. Obwohl es Ideen dazu gibt, die erklären sollen, ob gutes Handeln belohnt wird und böses bestraft wird (wie zum Beispiel über Konzepte von Karma), existiert kein für alle Menschen gültiges Dogma, welches alle erst einmal in die Position des schlechten Menschen stellt. Vieles, was im christlichen Kontext als sündhaft oder als Ablenkung von Gott definiert wird, erhält im Neuheidentum eine starke Aufwertung (z.B. die Verbindung des Geistes zum Körper und die damit verbundenen Empfindungen). Aufgrund der fehlenden Dogmen existiert kein einheitliches Bild davon, was gut und was böse ist. Oft wird auch die Aufteilung in die beiden Kategorien überhaupt in Frage gestellt. Wer definiert gut und böse? Liegt es in der Hand der Menschen oder ist Moral eine übermenschliche Komponente? Solche Fragen werden im Neuheidentum noch stark diskutiert und sind nicht abschließend geklärt. Oft findet sich aber die Vorstellung, dass gut und böse vom jeweiligen Standpunkt aus beurteilt werden und man nicht nach schwarz und weiß kategorisieren kann. Das hängt stark mit dem Bild zusammen, die Natur selbst als größte Instanz zu begreifen und die Natur nicht böse oder gut, sondern einfach so ist, wie sie ist. Ein Waldbrand hat nicht die Absicht, Böses zu tun, er zerstört einen Abschnitt in der Natur, schafft aber gleichzeitig einen Nährboden für Neues. Ebenso ist auch eine menschliche Handlung nicht ausschließlich richtig oder falsch, sondern beides, je nach Standpunkt. Und dadurch, dass es zumeist keine Idee von einem strafenden Gott gibt, ist der Mensch selbst für seine Handlung verantwortlich und muss lernen, die Folgen abzusehen und zu tragen.
© ls